Baubeginn

Beauftragt haben wir dann den preiswertesten Architekten. Allerdings auch deshalb, weil dieser mit AutoCAD die Pläne erstellte, auf die Fragen offen zu ging und sehr gut englisch spricht. Zudem arbeitet er auch in der Freguesia (Gemeinde) des Hausbaus. Wir denken eine gute Wahl.

Für den Neubau auf einer Lote in einem neu erschlossenen Gebiet gelten besondere Bau-und Verfahrensvorschriften. Zu einem müssen alle Unterlagen (Projekte) bereits zum Bauantrag mit eingereicht werden, zudem ist hier auch bereits die Baufirma zu benennen. Zum anderen sind Bebauungsgrenzen zu berücksichtigen. Um in unserem Fall (das Haus soll besser zur Sonne ausgerichtet werden –Solarkollektoren- und die Garage an die Grundstückgrenze zum Nachbarn gebaut werden)  Klarheit zu verschaffen, wurde eine Bauvoranfrage gestellt.

Startdatum: 2. 12. 2010

Nun hat die Camera 20 Arbeitstage Zeit sich zu äußern (Sie kann diese Frist durch Angabe von Gründen auch verlängern!)!

Parallel dazu werden nun 9 Baufirmen (mit allen Inhabern der Firmen wurde bereits gesprochen und in der Regel auch aktuelle Bauten besichtigt) gebeten, ein Angebot abzugeben, um dann die Entscheidung zu fällen.

An diese Stelle einige Hinweise zur Bauausführung.

Die aktuell typische Bauweise in Portugal (bzw. unser Region) ist, ein Gerüst aus Betonpfeilern zu erstellen, die dann ausgefacht werden. In der Regel werden hier zwei einfache Ziegelsteine eingesetzt, die durch 2 XPS-Platten (extrudierte (blaue) Polystyrolplatten) =6 cm getrennt werden (Problem: Feuchtigkeit von innen kann nicht nach außen gelangen). Isolierung der Betonpfeiler bzw. des Ankers ist nicht selbstverständlich (Wärmebrücken!). Das Dach besteht häufig aus Betonbalken auf die direkt (ohne Wärmedämmung) die Dachpfannen gelegt werden. Die Isolation der Bodenplatte ist auch nicht selbstverständlich.

Aufgrund der Erfahrung der letzten 16 Jahre in Portugal – auch während der „Winter“zeit (Kälte und Feuchtigkeit) – bedeutete für uns, dass wir hier andere (deutsche) Wege gehen.

  1. Wände aus Tabicesasteinen – 29 cm -(vergleichbar mit Poroton)
  2. Wärmedämmputz – nicht Vollwärmeschutz – wegen der Diffusionsfähigkeit -4 cm –
  3. Farben für außen und innen auf Silikatbasis (wegen der Feuchtigkeitsaufnahme und –abgabe) und keine „tinta plastica“.
  4. Fussboden: Über der Bodenplatte eine generelle Dämmung (hier XPS) und dann eine Dämmung für die Aufnahme der Rohre für die Fussbodenheizung. Horizontal sind Sperrfolien – im Mauerwerk 2 – vorgesehen.
  5. Im Dachbereich werden auf die Sparren bzw. die „Fussboden“bretter (19 mm) ca. 100 mm Steinwolle als Dämmung eingeplant.
  6. Die Fenster (PVC) sind grundsätzlich mit 3 Gläsern ausgestattet, um auch hier eine bessere Wärmedämmung zu erzielen. (Wegen der Belüftung werden einige Fenster mit einer automatischen System ausgestattet).
  7. Die Hälfte der Fläche erhellt eine Fussbodenheizung.
  8. Die Wärmeerzeugung wird durch 4 Kollektoren und einem wassergeführten Pelletofen vorgenommen. (Kombispeicher ca. 800l).

Über eine Belüftung / Entlüftung (mit Wärmerückgewinnung) wird noch nachgedacht bzw. die Erfahrungen zeigen uns evtl. weitere Notwendigkeiten auf (Solar-Luft-Kollektor z.B. Twinsolar oder auch die Anschaffung einer Luft-Wärme-Pumpe, die gleichzeitig auch die Luft entfeuchtet und im Sommer sogar für Kühlung sorgen kann.)

Der Architekt hatte Anfang Dezember seine Arbeiten incl. einer kurzen Baubeschreibung erstellt. Für die 8 Baufirmen (Vila Nova del Milfontes, Almograve, 2 Odemira, Reliquias, Sao Teotonio, Rogil, Aljezur)  wurden Kopien  vom Architekten  erstellt (= 60 Euro) und persönlich überbracht. (Der Kontakt war ja bereits im Laufe des Jahres hergestellt auch wurden einige Objekte von den Unternehmen besichtigt.)

Parallel zur Ausschreibung wurde eine Bauvoranfrage bei der Camara eingereicht. Pünktlich am 4.1.2011 (super !) nach 4 Wochen erhielten wir die Bestätigung, dass die Planung ok sei. (Im wesentlichen war die Stellung des Hauses – das Grundstück ist nicht rechteckig – und der Garage – Grenzbebauung – abzuklären).

Leider lief die Ausschreibung nicht so erfolgreich. Angebote zu erstellen scheint für die Portugiesen ein „Graus“ zu sein. Nur mit Mühe, d. h. mit Nachfragen, erhielten wir von 2 Firmen ein „Proposta de Orçamento“. 2 Firmen antworteten noch per Mail, dass sie erst alle Unterlagen (Statik …) benötigen. Auf die Ideen / Annahmen zu machen, die unter dem Vorbehalt stehen und ggf. angepasst werden, kamen sie jedoch nicht.

Anmerkung: Die Wirtschaft in Portugal läuft ja wirklich nicht so prickelnd. Dies gilt auch für Baufirmen, zumal in unserer Gegend. Warum es dennoch es schwer ist, mit den Firmen in konkrete Verhandlungen zu kommen, ist schwierig zu verstehen. Zumal es sich bei dem Haus um kein „Designerhaus“ handelt, sondern um das eher klassische Format (17 m lang und 8,50 m breit). Ich bin mir sicher, dass ein Bauunternehmen in Deutschland das Angebot innerhalb von 4 Wochen erstellt hätte. So meine Erfahrung. Die Firmen, die dies nicht konnten sind m.E. heute nicht mehr am Markt. Na ja – so ist es nun mal.

An die Form der Angebote muss man sich als nächstes auch noch gewöhnen. Das nicht nur steht: „Ich baue Ihnen ein Haus das ………. Euro kostet.“ Muss man anscheinend schon anerkennen. Das eine Angebot enthielt auf einer Seite die Preise für das Haus, die Garage und den Außenbereich (Mauer, Terrassen).

Das zweite Angebot ( drei Seiten) zumindest einige Hinweise auf die Qualitäten, (Preis / Anzahl) der Fliesen, Türen, Mauern, Anzahl der Elektroschalter, Wasserzapfstellen …. Eine differenzierte, konkrete Beschreibung sieht allerdings etwas anders aus. Trotzdem entschieden wir uns für die Zusammenarbeit / Beauftragung.

Kalkulation (ohne Mehrwertsteuer, IVA von 23%)

107.000 Euro für das Haus, die Garage und die Außenmauer bzw. Terrassen.

8.000 Euro für Fliesen innen und außen (Fläche ca. 400 qm)

15.000 Euro für die Fenster, Balkontüren (3-Fachverglasung) und Außentüren incl. der Aluläden

14.000 Euro für die Fußbodenheizung, 4 Solarkollektoren, Kombispeicher(800 l) und Pelletofen

12.000 Euro für die Sanitärartikel (z.B. 3 Wand-WC’s, Whirlpollbadewanne) und die Küchenzeile

7.000 Euro für die Küche

Mit Mehrwertsteuer ist man bei 200.000 Euro. Sicher kommt das ein oder andere noch dazu. Also „kostengünstig“ baut man in Portugal nicht. (Dies bei Arbeitslöhnen die noch deutlich unter 10 Euro liegen. Dafür sind in der Regel die Materialien deutlich teuer.)

Die weitere Planung des Außenbereichs (Garten, Schattenflächen, Sichtschutz …) erfolgt nach Fertigstellung des Baus.

Da es sich bei uns um die Bebauung einer Lote (erschlossenes Grundstück) handelt, müssen für den Erhalt einer Baugenehmigung von der Camara sämtliche Unterlagen (Projekte) erstellt wie auch die bauausführende Firma benannt sein.

Leider hatte sich der weitere Fortgang durch die langsame Erstellung der technischen Unterlagen hinausgezögert. Warum dafür der Ingenieur 8 Wochen benötigte, bleibt unklar. Beschleunigen lässt sich der Prozess wohl nur wenig, auch wenn man per Mail bzw. telefonisch regelmäßig nachfragt. Auch klare Aussagen (Zusagen), wann die Fertigstellung vorliegt vermeidet anscheinend der Portugiese. (Naja. Viele Deutsche, die seit Jahren in Portugal leben, halten dieses Verhalten für ganz normal / üblich. Trotzdem kann man sich daran nur schwer gewöhnen.)

Noch einige Überraschungen zu den Planungen / Anforderungen.

  1. Die (ein) Bäder müssen mit einem Bidet ausgestattet sein.
  2. Die (ein) Bäder benötigen eine Badewanne, Duschen reichen nicht.
  3. Die Verkabelung für TV und Telefon müssen in Glasfaser (angeblich seit 2011) ausgeführt werden. Der Mehrpreis beträgt 1000 Euro. (Welchen Sinn dies macht, bleibt offen. Wahrscheinlich würde – wie häufig – auf die EU verwiesen. )
  4. Es muss eine Mauer zu den Nachbarn errichtet werden (40m), obwohl diese bereits auf ihrem Grundstück eine Mauer errichtet haben.
  5. Trotz der Tragfähigkeit – auch im Erdbebenfall – der 29cm breiten Tabicesa-Steine müssen 12 Pilone (Betonstützen) errichtet werden, weil das Statikprogramm des Planers nichts anderes zuließ??? Wärmebrücken (ggf. dann auch Verfärbungen (Bakterien, Algen) am Außenputz sind dadurch vorprogrammiert. Zumindest kann man noch hoffen, dass ein Erdbeben in Portugal der Stärke 9,0 die Maurern vielleicht noch besser standhalten. Ein Tsunami erreicht das Haus jedenfalls nicht, da die Steilküste in Cabo Sardao zwischen 40m und 60 m hoch ist.

Pünktlich nach 4 Wochen war das Bauamt der Camera mit der Prüfung der Bauunterlagen fertig und erteilte die Baugenehmigung. Allerdings wurde diese erst wirksam, nachdem noch einmal eine Gebühr von 165 € gezahlt wurde. Die Unterlagen und das Baubuch (livro de obra) werden dem Architekten zugeschickt. Das Buch muss dann auch noch bezahlt werden. Es dient dazu, dass eine berechtigte Person (z.B. der Architekt) den Baufortschritt und Abweichungen dokumentiert.

Am Donnerstag den 13.4. machten wir einen Bauvertrag mit dem Bauunternehmer bei einer Rechtsanwältin in Odemira. In dem Vertrag wurde der Preis, die Bauzeit, aber auch alle Besonderheiten (keine Stufen, besondere Anstrichfarbe -Silikat- …) festgehalten.

Am Montag, was wir kaum glauben konnten, begann dann bereits der Bau. Vom Grundstück waren erhebliche Mengen Erde zu entfernen, insbesondere dort, wo das Haus steht,für die Fundamente und die Bodenplatte.

Mit dem Standort der Garage – an der Grenze zum Nachbarn – gab es allerdings Probleme. Obwohl wir diesen Standort bei der Bauvoranfrage als auch bei dem Bauantrag mit dem Bauamt abgeklärt hatten, war der Nachbar der Meinung, dass dies rechtlich falsch ist und er dieser Standort nicht akzeptiert. Begründung: §59 im RGEU (Regimento Geral das Edificao Urbanas Seguintes). Dort steht, dass die Sonne unter einem Winkel von 45 Grad das Haus des Nachbarn erreichen muss.

Da sein Haus 3 m von der Grundstücksgrenze entfernt steht, darf an der Grundstücksgrenze der Baukörper nicht höher als 3 m sein. Nach einigem hin und her einigten wir uns darauf, dass die Garage 1 m von der Grenze errichtet wird und diese nicht höher als 4m ist, damit die 45 Grad eingehalten werden.

Eine Anekdote am Rande: Als die Angelegenheit zu eskalieren schien, tauchte die Polizei auf und kontrollierte die Baustelle bzw. schrieb die Daten des Bauunternehmers auf. Für uns jedenfalls ein großer Schreck.

Der Nachbar akzeptiert nun zwar unseren Bau, will aber sich trotzdem mit der Camara anlegen (Klage), weil er a) Rechtsanwalt ist b) immer rechthaben will …, um so seinen bekannten „Status“ im Dorf zu Pflegen. Mal sehen was die Zukunft noch bringt (…)?

In diesem Zusammenhang machte er uns noch auf eine andere rechtliche Regelung aufmerksam, dass das Nachbarhaus sowieso 10m (7m + 3m) von seinem Haus zu stehen hat.

Vielleicht erfahren wir ja noch, was denn hier in Portugal so gilt.

Etwas Gutes hatte diese Auseinandersetzung aber auch,wir lernten Elizabeth – eine junge Portugiesin – kennen, die hier im Ort wohnt und als Übersetzungshilfe engagiert wurde. Sie betreibt in Boavista dos Pinheiros ein Restaurant „Bernado“ und uns herzlich eingeladen hat.

Der Bau selber (außer bei der Garage) machte in dieser Woche (Karfreitag und Ostermontag machte das Bauunternehmen Ferien) gute Fortschritte.

Die Erde wurde entfernt, Sand, kleine Steine (brita) und Eisen wurde angeliefert und zu unserer großen Überraschung kam am Donnerstagnachmittag die Betonpumpe und der Beton für die Gründung der Fundamente (Bodenplatte). Unsere Bodenplatte wird aus Gründen der Feuchtigkeit und des Wärmeverlustes über dem Boden errichtet, so dass ein Luftkasten verbleibt.

Eine aufregende erste Bauwoche. Gut das wir hier vor Ort sind und alles regeln können.

MEDION Digital Camera

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